Mobilität in der Berliner Mitte

Auf dem Weg zur Rückgewinnung des öffentlichen Raums

Unsere nächste Veranstaltung: 14. Juli, 17 Uhr Unter den Linden
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Wo liegt das Problem?

Als Changing Cities Central / Netzwerk fahrradfreundliche Mitte kritisieren wir seit Jahren die mangelnde Verknüpfung der einzelnen Themen der Berliner Innenstadtentwicklung miteinander.

Das hat nicht nur mit der fehlenden Zusammenarbeit der für verschiedene Themen zuständigen Senatsverwaltungen in ihren Ressorts, untereinander und mit dem Bezirksamt Mitte zu tun, sondern offensichtlich mit der Haltung von Politik und Verwaltung zur Stadt.

Im klassischen Berliner Spannungsfeld von Stadtentwicklung-Verkehr-Umwelt-Kultur herrscht jenseits von Wahlversprechen und Koalitionsvereinbarungen auch unter rotrotgrüner Führung in der Praxis wahlweise ein stumpfes HamWaImmaSchonSoJemacht oder ein fröhliches VerkehrMussFließen – wobei hier „Verkehr“ anscheinend noch immer mit Motorisiertem Individual Verkehr (MIV) gleichgesetzt wird.

Das führt zu einem merkwürdig schizophrenen Zustand:

Einerseits wurden und werden hochtrabende Planwerke erstellt und veröffentlicht, nach denen die großen MIV-Verkehrsschneisen durch die Berliner Mitte schon längst auf ein „menschliches“ und „stadtverträgliches“ Maß zurückgebaut sein sollten (Planwerk Innenstadt, Planwerk Innere Stadt, Stadtentwicklungsplan Mobilität und Verkehr – STEP MoVe).

Andererseits werden genau die selben Schneisen als unveränderlich und vor allem unveränderbar hingenommen, dabei ist dann egal, in welchem Maß sie stadt- oder menschenunverträglich sind. Zum Beispiel, weil sie Bundesstraßen sind (Unter den Linden und Leipziger-Gertrauden-Grunerstraße). Das konnte bei der Aufstellung der Planwerke zum Stadtrückbau ja niemand wissen. Wirklich niemand. Es liegt auf der Hand, dass unter diesen Ausgangsbedingungen Verkehrswege, Verkehrsströme, ja sogar Verkehrsbauwerke – wie Brücken (sic!) – tabu für jegliche echte Veränderung sind.

Wie wäre es, Verkehrsflächen wieder zu echten öffentlichen Räumen zu machen?

Gute Idee? Das haben wir uns auch gedacht. Und uns umgeschaut, wie aktuell in der Fachwelt über öffentliche Räume diskutiert wird. Dabei kommen plötzlich ganz andere Themen auf den Tisch, als sie beim Thema Mobilität und Verkehr üblicherweise angesprochen werden. Der Blick öffnet sich gewissermaßen und erlaubt, die Perspektive zu erweiterun und erforderlichenfalls zu ändern.

Wir haben uns angeschaut, was wir als Grundlage für unsere Überlegungen nutzen können. Drei „Kataloge“ erschienen uns dabei sehr nützlich, um die komplexen Themen des öffentlichen Raums zu strukturieren:

  • Der Baukulturbericht öffentliche Räume der Bundesstiftung Baukultur [Externer Link]
  • Die Neue Leipzig-Charta – Die transformative Kraft der Städte für das Gemeinwohl [Externer Link]

Diese Grundlagen haben unterschiedliche Zielrichtungen, zusammen gedacht bilden sie ein gutes Gerüst für Überlegungen zum öffentlichen Raum.

Wie machen wir das für die Berliner Mitte anwendbar? Wir nehmen uns die Themen und Anforderungen und suchen uns Orte, an denen sie gut zu besprechen sind.

Wir gehen hin, direkt in die ganz unterschiedlichen Räume der Berliner Stadtmitte, schauen, welche Möglichkeiten es gibt, hier ein Stück Raum weiterzuentwickeln bzw. für städtisches Leben zurückzugewinnen.

Nach und nach kommen wir dann nicht nur ganz schön rum, sondern setzen vervollständigen auch das Spektrum der Anforderungen an den öffentlichen Raum.

Unsere Vorgehensweise nochmal im Bild:

Und wie weit reicht die Berliner Mitte?

In der folgenden Abbildung machen wir einen Vorschlag zum Betrachtungsraum (rot). Er geht über den räumlichen Umgriff der Stadtwerkstatt Berliner Mitte (grün) hinaus und bezieht neben der historischen Mitte den Bereich um den Alexanderplatz bis zur Mollstraße mit ein und die Dorotheenstadt und Friedrichstadt, im Westen bis zum Tiergarten, im Norden bis zur Spree und bis zum Monbijoupark und im Süden bis zur Bezirksgrenze nach Friedrichshain-Kreuzberg.

Es liegt auf der Hand, dass die Berliner Mitte eng mit den angrenzenden Teilen der Stadt verknüpft ist. Das gilt natürlich auch für alle Fragen der Mobilität.

Was wir allerdings überwinden wollen, ist das Denken, das jeglicher Ost-West- und Nord-Südverkehr durch die Mitte geführt werden muss.

Abgrenzung des Betrachtungsraums (rot) und des Raums, den die Stadtwerkstatt Berliner Mitte behandelt (grün).
Grundlage: Geodaten Berlin, Orthofoto 2020

Bisherige Veranstaltungen:

Den Auftakt haben wir im April mit einer hybriden Veranstaltung auf der Getraudenbrücke gemacht, dort ging es um die historischen und sozialen Elemente des öffentlichen Raums, die Stadt ausmachen. Die Gertraudenbrücke ist ein ganz besonderer Ort. Dass die Brücke noch steht, ist ebenso zivilgesellschaftlichem Engagement zu verdanken wie die mutige Filmdokumentation der Abrisse alter Bausubstanz in diesem Bereich der Stadt oder die Bilder fahrender Panzer auf der Brücke.

Eine ausführliche Auswertung der Veranstaltung gibt es demnächst auf diesen Seiten.

>>> mehr zur Gertraudenbrücke gibt es hier

Ebenso hybrid haben wir uns im Mai am funkelnagelneuen Humboldtforum getroffen, wo wir uns mit der jüngeren Geschichte und den Chancen des quasi öffentlichen Raums im und um das neue Gebäude auseinandergesetzt haben. Fachkundig unterstützt haben uns dabei Matthias Grünzig zur jüngeren Historie und der Bauvorstand der Stiftung Humboldt Forum, Herr Hegner zu den Absichtung und Möglichkeiten der künftigen Nutzung und den Hoffnungen auf eine stadträumliche Verbindung zwischne Lustgarten, Dom und Humboldtforum, die eigentlich verbindliche Grundlage jeglicher aller Freiraumentwicklung in diesem Bereich war, jedoch noch immer durch die übermächtige Auto-Verkehrsschneise beeinträchtigt wird.

Auch diese Veranstaltung werden wir noch dokumentieren.

>>> Weiter zur Veranstaltung Unter den Linden am 14. Juli 2021